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  • AutorenbildAngelika Bordt

Brauchen wir wirklich keinen Weltfrauentag?

Ein nett gemeinter Post eines Kollegen zum Frauentag „Eine Frau braucht keinen Weltfrauentag, sondern einen Mann an ihrer Seite, der ihr jeden Tag zeigt, dass sie etwas ganz Besonderes ist“, hat mich sehr nachdenklich gestimmt. Überrascht hat mich nicht, dass dieser Post von einem Mann kam. Überrascht hat mich, wie viele Frauen ihm Beifall gezollt haben.

Richtig ist, dass es beim Weltfrauentag durchaus um Rollenbilder geht. Die obige Aussage impliziert, dass das eigentliche Problem das Selbstbewusstsein der Frauen ist, welches durch „einen Mann an ihrer Seite“ behoben werden kann, indem er ihr hilft, sich selbst zu lieben. Ist es wirklich so einfach?


Schauen wir uns die klassische (westliche) Rollenverteilung an, so ist es die Ehefrau, die ihren Mann beruflich unterstützt, nicht nur indem sie ihm das Gefühl gibt, etwas ganz Besonderes zu sein, sondern indem sie ihm den Rücken frei hält und so seinen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten den Weg durch ein stabiles Zuhause ebnet. Bestenfalls erinnert sie ihn regelmäßig an seine Stärken und Erfolge, lässt ihn aus seinen Fehlern lernen, übernimmt die kraftraubenden Elemente des Familienlebens und teilt mit ihm die kraftgebenden. Sie tut es aus ihrer Rolle als Partnerin und Mutter, berufstätig oder nicht. So kann er immer wieder als Phönix aus der Asche steigen, mit einer stolzen Partnerin an seiner Seite, die nicht zuletzt deshalb so stolz auf ihn ist, weil sie um ihren eigenen Beitrag an seinem Erfolg weiß. Von der Gesellschaft wird sie als „sich selbst über ihren Partner definierend“ wahrgenommen. Worüber soll sie sich auch sonst definieren.

Der Beifall zu obigem Post zeigt, dass wir Frauen uns diese Form der Unterstützung durchaus von unseren Männern wünschen. Aber ist es wirklich das, was wir brauchen?


Wie ist denn der Blick auf die heutige berufstätige Frau? Seien wir mal ehrlich, wer ertappt sich nicht bei der Frage, welche Rolle die Quote gespielt haben mag, wenn eine Frau in den Vorstand eines Konzerns berufen wird? Völlig unabhängig davon, was sie wohl geleistet haben muss, um überhaupt als Option betrachtet zu werden.


Ich wage es zu behaupten, dass eine Frau, die weiß was sie will, in der heutigen Welt alles erreichen kann. Frauen ebnen sich ihren Weg in die politische Führungsspitze ebenso wie in die Vorstandsetagen von DAX-Unternehmen oder als erfolgreiche Unternehmensgründerinnen. Vielleicht ist genau das das größte Problem, dass wir Frauen häufig nicht wissen, was wir wollen, weil wir zerrissen sind in unseren Prioritäten zwischen Familie und Beruf. Gefolgt von dem Problem, dass wir gar nicht wissen, was wir können und leisten.


Frauen beweisen im Familienalltag eine ausgeprägte Loyalität, Umsicht, Weitsicht, Kreativität, Organisationstalent und Resilienz. Je mehr Kinder, desto mehr davon. Nicht umsonst sind z.B. Chef-Sekretärinnen meistens weiblich. Sie tun dort genau das gleiche, wie eine gute Ehefrau für ihren Ehemann tut. Sie organisiert ihn, trennt für ihn Wichtiges von Unwichtigem, führt ihn von unten, hält ihm den Rücken frei, macht ihn entscheidungsfähig. Und das auf der Basis von Vertrauen und Loyalität, der großen Stärke von Frauen. Es wurden hunderte von Büchern und Vertriebsseminare aufgesetzt, in welchen es nur darum geht, wie man diesen Schutzwall Sekretärin knacken kann, um einen Termin beim Chef zu bekommen. Die heimliche Macht der Frauen in den Unternehmen. Wenn wir unsere Netzwerke aufbauen, sollten wir damit nicht in den Chefetagen anfangen. Wir müssen auf Arbeitsebene beginnen, uns zu solidarisieren. Wer würde das Unternehmen wirklich führen, wenn alle Sekretärinnen eines Konzerns miteinander eine eigene, einheitliche Kommunikations- und Informationsstrategie entwickeln? Was, wenn Frauen ihre Prioritäten bei der Terminvergabe verändern und anderen Frauen den Weg frei machen, anstelle sie abzuschirmen? Fangen wir doch bei uns selber an.


Frauen in Führungspositionen versuchen oft, bessere Männer zu sein und deren Stil zu kopieren. Sie tun das, um von den Männern wahrgenommen und akzeptiert zu werden. Ziehen sich sogar so an. Und vernachlässigen darüber ihr eigentliches Potential. Wenn Frauen unternehmerisch führen wie sie das zuhause tun, führt das zu dem allseits beschworenen Führungsstil des Leadership: sie entwickeln die Menschen um sie herum, heben ihre Stärken hervor, lassen sie aus Fehlern lernen, setzen Prioritäten, delegieren Aufgaben und ebnen den Weg zu Wachstum. Kurzum: viele Frauen besitzen mehr Führungspotential als sie denken, sie wissen es nur nicht. Es ist ihnen nicht (selbst) bewusst.


Was braucht eine Frau, um ihr Potential entwickeln zu können? Eine Arbeits- und Lebenssituation, welche sie zum einen spüren lässt, wo ihre Stärken liegen und was diese im jeweiligen Umfeld bedeuten, welche sie zum anderen nicht zwischen ihrem Instinkt, für Kinder und Familie zurückzustecken, und ihrem Wunsch nach beruflicher Entfaltung zerreißt. Und genau hier sind 3 Welten angesprochen: das Partnerschaftsmodell, die Rahmenbedingungen des Arbeitgebers und die Politik.


Auf die zahlreichen Ansätze in diesen Bereichen möchte ich hier gar nicht eingehen. Aber klar ist eins: es beginnt immer mit einer Entscheidung, und es beginnt immer im Kopf. Und der Kopf, auf den wir den größten Einfluss haben, ist unser eigener. Und unser eigener Kopf bestimmt, welche Entscheidungen wir treffen. Wir können nicht erreichen, was wir nicht visualisieren können. Also tun wir doch genau das: Was sind eure kühnsten Träume, die ihr erreichen wollt? Wenn ihr das wisst und klar visualisiert, dann richtet ihr euer Leben automatisch darauf aus, indem ihr die entsprechenden Entscheidungen trefft. In all euren Welten.


Gehen wir los und machen uns den Weg frei. Überall auf der Welt finden wir weibliche Vorbilder, die uns gezeigt haben, dass auch für uns Frauen alles möglich ist, solange wir für das stehen, an das wir glauben. Und uns nicht selbst im Wege stehen.


Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Ich denke, ja, solange wir keine allgemeingültige Arbeits- und Lebenssituation haben, die uns nicht zerreißt, brauchen wir den Weltfrauentag. Um Bewusstsein zu schaffen. Auf der ganzen Welt. Und es beginnt bei uns selbst.

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